Tafelrunde 2

Anno Online

Anno Online Test: Überzeugender Auftritt des Browserspiels zur Anno-Reihe




Eigentlich ganz einfach: Aus Bauern werden Handwerker, die steigen wiederum zu Kaufmännern auf. Und einige der reichsten Einwohner werden irgendwann sogar zu Adligen. Dann noch schnell den Kaiserdom hingeklatscht und fertig ist Anno free-to-play. Von wegen! Dass sich hinter dem Browsergame Anno Online doch mehr verbirgt als der Weg vom einfachen Mann zum Pfeffersack, wird nicht nur beim Avatargenerator klar, der für ein Strategiespiel überraschend detailreich ausfällt. 
Nachdem wir in der geschlossenen Betatestphase ordentlich angefixt wurden, haben wir es uns nicht nehmen lassen, auch in der aktuellen Open Beta Segel zu setzen und die rosarote Brille auf dem Weg über Bord zu schmeißen. Ein eigenes Handelsimperium ist das Ziel. Die tausenden Untertanen, die von unseren Schiffe mittlerweile zu Reichtum und Wohlstand geführt wurden, verraten uns schon mal: Irgendwas muss bislang ganz gut gelaufen sein.

So dumm sind wir nun auch wieder nicht …

Dabei fängt auch im Anno-Onlinespiel alles ganz klein und beschaulich an. Mit ein paar Bauernfamilien, die sich um einen Marktplatz ansiedeln, beginnt die Reise. Der Einstieg gestaltet sich aktuell sehr restriktiv. Trotz ausreichend Platz aus grüner Aue müssen wir unsere ersten Gebäude an bestimmter Stelle und exakt wie vorgeschrieben platzieren. Also vorerst nichts da mit Freiheit und Gestaltungsspielraum. Das macht den Anfang idiotensicher … aber auch langweilig. Später steht es uns natürlich frei, Bauern, Fischer und Co. umzusiedeln und so nach eigenem Gutdünken zu schalten und walten, wie es sich für einen Inselherren des Mittelalters gehört. Als Ersteindruck bleibt aber das Gefühl hängen, für dumm gehalten und gegängelt zu werden.
Mehrere Hilfetexte lassen eigentlich keine Fragen aufkommen, wirken aber auch nicht sonderlich ins Spiel integriert. Wir haben uns von der Fülle der Buchstaben jedenfalls abschrecken lassen und die Erklärungen konsequent weggeklickt. Brauchen wir eh nicht. Auf Wunsch dürfen wir den Berater im Menü auch gleich ganz mundtot machen, kein Problem also. Dasselbe gilt für die stimmige Hintergrundmusik, sollten uns Streicher und Flöten auf Dauer an den Nerven nagen. Die Storyquests hingegen liefern uns nicht nur Aufgabenstellungen mit teils lustigen Geschichten drum herum, sondern versorgen uns nach erfolgreichem Abschluss auch mit Gold, Rohstoffen und Erfahrung. Zur Abwechslung tragen die täglichen Aufgaben bei. In den sogenannten Bürgergesuchen gilt es manchmal Personen aufzuspüren, ein anderes Mal dürfen wir einen Aufstand verhindern, meistens sollen wir irgendeine Kombination an unterschiedlichen Waren abliefern. Insgesamt läuft alles wie am Schnürchen, die Fortschritte gehen schnell von der Hand und nach wenigen Minuten blicken wir bereits auf ein beschauliches Dorf mit funktionierendem Versorgungskreislauf hinab. Ebenso wirkt die Spielgeschwindigkeit im weiteren Verlauf ausgewogen: Produktionsabläufe und Lieferprozesse dauern immer länger, fügen sich nahtlos ins Geschehen ein.Tag für Tag kommen weitere Gebäudearten und Bedürfnisse unserer Bewohner hinzu. Wir begrüßen die ersten Handwerker. Auch die Warenkreisläufe werden nach und nach komplexer. Um den Hunger nach Brot zu stillen, braucht es beispielsweise Weizenfarmen, Mühlen und Bäckereien. Es wird immer schwieriger, das große Ganze auszubalancieren und stetiges Stadtwachstum und Versorgung gleichermaßen sicherzustellen.

Ein Hoch auf die Effizienz!

Da der Platz auf der Insel begrenzt ist, wir jedoch über ein effizientes Straßen und Versorgungsnetz verfügen müssen, gilt es für engagierte Verwalter wie uns natürlich, der Verschwendung den Kampf anzusagen und jeden Flecken unseres Herrschaftsgebietes so gut wie möglich zu nutzen. In Sachen Handhabung gibt uns Entwickler Blue Byte mehrere Möglichkeiten an die Hand, um uns die Verwaltung zu erleichtern. Öffentliche Gebäude und Produktionshöfe haben einen deutlich sichtbaren Wirkungskreis. Mit dem Mausrad zoomen wir hinein für mehr Details, oder heraus für mehr Überblick. Mit gedrückter Leertaste werden die anvisierten Gebäude transparent und dahinterliegende Straßen sichtbar. Ein Minuspunkt hingegen ist, dass wir die Ansicht nicht drehen können. Wir schauen also immer aus dem gleichen Blickwinkel auf unsere Inseln.
Für detailversessene Spieler, die gern am Aufbau der eigenen Insel basteln, ist Anno Online eine hervorragende Spielwiese. Die Vielzahl an gegenseitigen Abhängigkeiten sorgt immer wieder aufs Neue dafür, dass es sich lohnt, umzubauen und Kreisläufe zu optimieren. Mitunter gehen Stunden nur mit dem Umsetzen von Häusern drauf, ohne dass wir’s merken! Wem die Fummelei nicht liegt, erkundet einfach schon früher neue Gebiete und breitet sich halt dort aus.
Dank Schiffbau und der Kolonisation weiterer Inseln kommt im Spielverlauf dann noch eine weitere Organisationsebene hinzu. Auf unserer großen Startinsel beispielsweise lassen sich nur Äpfel und Getreide ziehen. Das reicht auch, um Bauern und Handwerker zufrieden zu stellen. Kaufleute lassen sich damit nicht abspeisen, sie wollen darüber hinaus Produkte wie Bier, Bücher und Kleidung aus Leder. Und die dafür nötigen Hanfpflanzen oder Kräuter wachsen bei uns nicht. Wir brauchen eine Flotte.

Hinaus in die weite Welt!

Sobald wir 1.500 Handwerker bei uns ansiedeln konnten, geht’s endlich hinaus in die große weite Welt! Zwar nicht für uns als Bestimmer vom Dienst, wohl aber für die vielen Kapitäne, die wir fortan für unsere Sache verpflichten. Mit Erkundung, Besiedlung und Aufbau weiterer Eilande wächst unser Reich Stück für Stück zu einem umfassenden Handelsimperium heran. Expansion ist wichtig, denn jede Insel besitzt eigene Fruchtbarkeiten. Die von unserer Bevölkerung geforderten Waren müssen regelmäßig über Transportrouten eingeschifft werden. Einige Produkte wie Gewürze oder Farben (Indigo) können wir gar nicht selbst herstellen, sondern nur per Händler eintauschen. Der Handel ist eines der wenigen interaktiven Features in Anno Online, denn derzeit ist nur ein rudimentäres Zusammenspiel mit anderen Spielern möglich.

Keine Gegner weit und breit

Auf absehbare Zeit werden wir in Anno Online niemandem direkt begegnen. Trotz tausender Mitspieler auf einem Server sind und bleiben wir uns weitgehend selbst überlassen. Das gesamte Geschehen spielt sich auf eigenen Inseln ab, wer Krieg spielen will, und sei es nur ein Handelskrieg, der ist in diesem Spiel falsch. Leider. Keine Kampfeinheiten, keine Militärproduktion. Die Liste der Interaktionsmöglichkeiten fällt ernüchternd kurz aus. Fortgeschrittene Spieler können auf einem Markt Waren anbieten und kaufen. Nun gut. Chat und Nachrichtensystem ermöglichen die Kommunikation untereinander. Und mittels einer Freundesliste dürfen wir derzeit andere Spieler als Freund markieren. Das war‘s.Echtes kooperatives Zusammenspiel? Derzeit Fehlanzeige. Wenn wir schon nicht gemeinsam auf einer Insel siedeln dürfen, wollen wir unseren Nachbarn wenigstens bei Engpässen mit direkten Rohstofflieferungen aushelfen können oder mit gegenseitigen Produktionssteigerungen (Buffs) unterstützen. Immerhin: Laut Entwickler stehen ein erstes Gildensystem und die Möglichkeit, befreundete Spieler auf ihren Inseln zu besuchen, ganz oben auf der Agenda. Zumindest die Sache mit den Buffs wird also über kurz oder lang ins Spiel gelangen.

Anders herum betrachtet hat das aktuelle Einsiedlerdasein auch etwas Positives: Niemand kann uns angreifen, während wir offline sind. Unsere Einwohner, die Flotte und die hergestellten Produkte sind vor feindlichen Übergriffen garantiert sicher.

Für Detailverliebte und Überblicker

Voll rausgezoomed wirkt die Welt mehr oder weniger statisch, auch wenn Animationen wie Meereswellen für etwas Bewegung auf der Karte sorgen. Ab und zu legen Schiffe im Hafen an, Windmühlenräder drehen sich und vereinzelte Rehe stolzieren durch Wälder und Wiesen. Viel ist das nicht. Es gibt zwar auch unterschiedliche Varianten von Wohnhäusern jeder Stufe, bei einer großen Stadt mit vielen Häusern entsteht trotzdem schnell der Eindruck einer künstlichen Siedlung. Erfreulich ist, dass sich einige Gebäude bei einem Upgrade auch optisch weiterentwickeln. Eine große Stärke in Sachen Optik erleben wir nur, wenn wir näher heranzoomen und das bäuerliche Leben beobachten, um in den Genuss der vielen kleinen Details zu kommen. Bauwerke und Landschaften sind weitestgehend sehr detailliert gezeichnet. Aus den Schornsteinen steigt Rauch auf, Marktkarren flitzen durch die Gassen und auf den Marktplätzen herrscht reges Treiben. In jedem Produktionsbetrieb sehen wir jemanden arbeiten, selbst Ziegen und Schafe wackeln beim Fressen mit den Köpfen.
Dennoch liegt der Schwerpunkt eindeutig nicht auf grafischen Finessen, sondern darin, den Überblick zu wahren. Die bereits erwähnte, feste Perspektive mit der isometrischen Ansicht von schräg oben ist ein gutes Beispiel dafür.

Wirklich free-to-play

Aus Spielersicht absolut überzeugend ist die Free-to-Play-Balance von Anno Online. Die Auswahl des spielinternen Shops bietet größtenteils nur Zeitersparnis und Dekorationsobjekte. Mit Rubinen erworbenen Rohstoffpaketen und Buffs können wir den Aufbau zwar beschleunigen, echte Vorteile gegenüber anderen Spielern haben wir als Premium-Nutzer aber nicht. Hinzu kommt: Bei jedem Levelaufstieg bekommen wir ein paar Rubine gutgeschrieben und dürfen so auch als Absolut-Kostenlos-Zocker in bescheidenem Maße auf Shoppingtour gehen. Auf diese Weise können wir sämtliche Inhalte nur durch reines Spielen erhalten. Die Entwickler haben dennoch mehrere Wege gefunden, uns den Rubinkauf schmackhaft zu machen. Hier eine Auswahl der Premium-Vorteile:
Schiffe sofort startklar Das stundenlange Zusammenzimmern über einzelne Bauteile entfällt beim Schiffskauf mit Rubinen.
Verborgene Inselteile freischalten Mittels Rubinen können wir unerforschte Gebiete erkunden, ohne das dafür vorgesehene Level zu erreichen oder die benötigten Waren liefern zu müssen. Auch die Wartezeit (in späteren Stufen oft mehrere Tage) entfällt.
Inselplätze freischalten Wir brauchen nicht warten, bis sich die vorausgesetzte Anzahl an Kaufleuten/Adligen bei uns niedergelassen hat und können viel früher mit der Besiedlung neuer Eilande beginnen.
Ausbaustufen sofort erwerben Mehrere Schlüsselgebäude wie Markthäuser, Kontor und Schatzkammer lassen sich über Rubine umgehend erweitern. Das sonst eigentlich nötige Spielerlevel entfällt hierbei.

Trotz dieser Möglichkeiten ergeben sich für Premium-Nutzer keinerlei exklusive Vorteile. Das ist ausgesprochen fair! Solange kein PvP im Spiel möglich ist, bleibt’s ja auch relativ egal, wie schnell wir unsere Inseln hochziehen, wie groß unsere Lager oder wie stark unsere Flotten sind.

Und sonst noch?

Nach wenigen Wochen mit immer mal wieder Hineinschauen nennen wir drei Inseln, mehrere Handelsschiffe und insgesamt 2.000 Kaufleute unser Eigen. Ein gutes Stück Weg, auf dass wir stolz sind. Bis sich mehrere tausend Adlige bei uns niederlassen, haben wir dennoch einiges zu tun. Die nächsten Wochen erwartet uns noch Aufbauarbeit mit Salzstöcken, Imkern und Brillenmachern. Wenn die Gutbetuchten nur wüssten, wie viel Aufwand in der Produktion eines einzelnen Kerzenständers steckt …

Auch das ultimative Spielziel bleibt nach wie vor in Sicht: der Kaiserdom. Aktuell ist das gigantische Bauprojekt noch nicht im Spiel, Blue Byte hat aber bereits erste Infos dazu vorgestellt. Dieses Bauwerk kann nur gemeinsam mit anderen Anno-Spielern errichtet werden, da wir allein nicht sämtliche Waren produzieren können. Egal wie viele Inseln wir letztendlich in Besitz nehmen, ohne Zusammenarbeit und intensiven Handel wird uns der Dom in finaler Stufe verwehrt bleiben.

Anno Online Bewertung

  • Pro:
  • Gelungene Aufbau- und Wirtschaftssimulation …
  • Detailreiche Grafik …
  • Hohe Langzeitmotivation …
  • Ausgewogenes Free-to-Play-Modell
  • Contra:
  • … mit einem restriktiven Einstieg
  • … mit noch wenig Animation
  • … doch noch wenig Interaktionsmöglichkeiten
Anno Online Wertung nach zig Spielstunden:
  • Grafik: 88 von 100
  • Sound: 90 von 100
  • Abwechslung/Spielspaß: 95 von 100
  • Einstieg: 85 von 100
  • Handling/Gameplay: 93 von 100
  • Originalität: 90 von 100
Gesamtwertung: 90 von 100
Dieses Spiel ist mein erster Kontakt mit der bekannten Anno-Reihe und ich bin gelinde gesagt beeindruckt. Schraubt das Beta-Schild ab, denn Anno Online gehört jetzt schon mit zum Besten, was es derzeit in Sachen Aufbaustrategie im Browser zu spielen gibt. Um in der aktuellen Version etwas zum Herummeckern zu finden, musste ich lange suchen. Gameplay, Levelkurve, Langzeitmotivation, alles top! Blue Byte hat klar verstanden, wie man erfolgreich Free-to-Play-Modelle umsetzt. Shop und Premium-Vorteile sind attraktiv und ausgewogen zugleich. Zugegeben, ohne richtige Spielerinteraktion wie PvP-Features ist’s auch nicht ganz so schwierig …

Dabei hat Blue Byte mit den Abenteuern in Die Siedler Online bereits gezeigt, wie kooperatives Zusammenspiel auch im Anno-Browsergame aussehen könnte. Ob’s so kommt, liegt auch in der Hand der Community, die über die interaktiven Funktionen mitentscheidet. Handeln geht ja bereits, Gildenorganisation und gegenseitiges Unterstützen werden in den nächsten Monaten möglich sein. Ich jedenfalls bleibe bis zum Kaiserdom. Wenn dann noch der Einstieg mehr Freiheiten zulässt und weitere Animationen die detailreiche Grafik zusätzlich bereichern, wird aus meiner Faszination Begeisterung.




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